Angelika Löber (SPD): Gefahr einer parlamentarischen Fehlentscheidung ist zu hoch – Gesetz ist nicht zustimmungsfähig

Die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Angelika Löber hat in der Plenardebatte des Hessischen Landtags zur Neuregelung des sogenannten Frischfleischgesetzes die Ablehnung ihrer Fraktion begründet. „Eigentlich sollte mit dem Gesetz nur ein Formmangel behoben werden. Die öffentliche Anhörung hat jedoch eindrücklich gezeigt wie wichtig eine dritte Lesung und ein ordnungsgemäßer Ablauf sind. Fast alle vorliegenden Stellungnahmen lehnen diesen Gesetzentwurf in der vorliegenden Form ausdrücklich ab! Darüber setzt sich jedoch Schwarz-Grün einfach hinweg. Die Vorschläge der Kommunalen Spitzenverbände werden nicht berücksichtigt. Die Forderungen nach landeseinheitlichen Gebühren findet keine Berücksichtigung, obwohl Zeit gewesen wäre, diese zu ermitteln. Wir erwarten daher weiterhin von der Landesregierung die Umsetzung landeseinheitlicher Gebühren mit einer zeitnahen gesetzlichen Neuregelung“, sagte Löber am Donnerstag in Wiesbaden.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich die Landesregierung berufe und der sie zuvor kommen wolle, datierte vom 10. September 2014 mit Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde und damit Rechtskraft des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs. Damit habe das Urteil bereits während der ersten und zweiten Lesung des Gesetzentwurfs fest! „Wir sollen nun eine rückwirkende Änderung im Gebührenrecht beschließen, um Ersatzansprüche von Schlachtbetrieben gegenüber kommunalen Gebietskörperschaften abzuwenden oder sollen wir hier doch eher finanziellen Schaden für das Land durch Schadensersatzansprüche aufgrund fehlerhafter Gesetze verhindern?“, so die SPD-Abgeordnete.

Nach Ansicht von Löber hätten die Fragen und Ungereimtheiten zu dem Gesetzentwurf bisher nicht beseitigt werden können. Fundierte, neutrale Rechtsauskünfte haben in der Kürze der Zeit nicht eingeholt werden können.

Es stellten sich die Fragen, ob es ein Rückwirkungsverbot gäbe, da nun ein rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt oder da das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger schutzwürdig sei. „Ob hier eine Rückwirkung möglich ist hat selbst der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil offen gelassen! Wenn eine Rückwirkung so einfach und unproblematisch wäre, hätte der Gerichtshof sich wohl dazu geäußert“, sagte die SPD-Abgeordnete.

„Dies sind jedoch nicht die einzigen Fragen: Handelt es sich um ein Einzelfallgesetz, weil nur ein Betrieb und ein Landkreis betroffen sind? Welche Auswirkungen hat die Aufhebung des Veterinärkontroll-Kostengesetzes? Besagtes Gesetz besteht nicht nur aus einem Paragraphen. Auch bezieht es sich auf verschiedene andere Gesetze und dient der Umsetzung mehrerer Rechtsakte. In der Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf wird aufgeführt, dass die Regelungen des Veterinärkontroll-Kostengesetzes entbehrlich geworden sind. Hier haben wir große Zweifel, dass alle Abhängigkeiten geprüft wurden“, sagte Löber.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil gesagt: „Allerdings sind einige Bestimmungen des Veterinärkontroll-Kostengesetzes inzwischen obsolet geworden. Dies hindert allerdings nicht die Fortgeltung der weiterhin sinnvoll anwendbaren Vorschriften.“

„Welche Auswirkungen die Aufhebung des Veterinärkontroll-Kostengesetzes hat, konnte bisher nicht beantwortet werden. Der Rechtswidrige Zustand besteht seit 1. Dezember 2008 – fast sechs Jahre ein rechtswidriger Zustand, der mit einem ersten Heilungsversuch der Landesregierung im Dezember 2013 durch eine Änderung der Verwaltungskostenordnung herbeigeführt wurde. Die damalige Regierung verpasste aber eine gleichzeitige Anpassung des Veterinärkontroll-Kostengesetzes. Nun ein zweiter fragwürdiger Heilungsversuch, weil nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob dieses Gesetz nun vor Gericht Bestand haben wird. Eine erneute Klage gegen dieses Gesetz ist mehr als wahrscheinlich. Seit Jahren ist das Streitverfahren schon vor Gericht anhängig! Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt liegt bereits über eineinhalb Jahre vor! Anscheinend genügte der Zeitraum nicht einen durchdachten Gesetzentwurf vorzulegen. Dieses Artikelgesetz weiterhin ohne eingehende rechtliche Prüfung und ohne Berücksichtigung der Stellungsnahmen zu verabschieden beinhaltet erhebliche Risiken. Hoch ist die Gefahr einer Fehlentscheidung. Von der Ignoranz gegenüber den Anzuhörenden ganz abgesehen.

Aus den genannten Gründen können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen“, sagte Löber.