

Biedenkopf. Rund neun Millionen Euro stellt die Europäische Kommission für das Projekt Lebendige Lahn zur Verfügung. Die Mittel entstammen dem Förderprogramm LIFE, das die Umsetzung und Weiterentwicklung der Umwelt- und Klimapolitik der Europäischen Union forciert. Projektpartner sind die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz sowie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und die Bundesanstalt für Gewässerkunde sie unterstützen das Projekt gemeinsam mit weiteren sechs Millionen Euro. Damit öffnet sich ein wichtiger finanzieller Spielraum, um die bestehenden Probleme der Lahn endlich anzugehen, betont Angelika Löber, Mitglied im Umweltausschuss des Hessischen Landtags.
Das Lahntal sei einer der bedeutendsten Naturräume in Hessen, stellte die Sozialdemokratin fest. Einerseits wertvolles Habitat für Flora und Fauna, andererseits wichtiges Erholungsgebiet für Einheimische und Aktivtouristen aus ganz Deutschland. Bloß habe der Fluss selbst in den vergangenen Jahrzehnten zu sehr im Schatten der touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung und Erschließung der Gesamtregion gestanden. Seit langer Zeit kritisiert unter anderem die Interessengemeinschaft Lahn die nicht bestehende Durchgängigkeit des Flusses für Wanderfische und verweist auf bestehende Staustufen und unzureichend gesicherte Wasserkraftwerke. Zuletzt war aus diesem Grund auch ein Wiederansiedlungsprojekt in Bad Laasphe (Nordrhein-Westfalen) im Oberen Lahntal nach mehr als zehnjähriger Laufzeit abgebrochen worden: Zwar hatten sich die Jungtiere vor Ort prächtig entwickelt. Niemals aber erreichte auch nur ein Lachs später wieder seine frühere Kinderstube.
Die Abwanderung der Blankaale aus der Lahn ins Meer gelingt im großen Stil derzeit auch nur dank menschlicher Hilfe mit dem von Regierungspräsidium Mittelhessen organisierten Aaltaxi. Dabei werden die wanderwilligen Tiere aus dem Gewässer gefischt und über Land bis zur Rheinmündung gebracht.
Das kann und darf nicht die endgültige Lösung sein, kritisiert Angelika Löber. In zwei Kleinen Anfragen der Abgeordneten zur Lahn hatte das Hessische Umweltministerium Ende Dezember vergangenen Jahres Stellung bezogen und auf bestehende Probleme in Rheinland-Pfalz und Hessen hingewiesen. So seien beispielsweise nur vier von elf großen Wasserkraftwerken im rheinland-pfälzischen Abschnitt mit einem Fischaufstieg ausgestattet und damit passierbar; im hessischen Abschnitt sind durch die Anstauung des Flusses unter anderem flach überströmte Kies- und Sandbänke als bedeutender Laich- und Lebensraum verschwunden. In diesem Fall spricht das Umweltministerium in Wiesbaden von einem großen Verlust für das Ökosystem.
Darüber hinaus sind viele Staustufen und Wasserkraftwerke in Hessen zwar mit Aufstiegsvorrichtungen ausgestattet. Doch fehlen beinahe flächendeckend optimale Abstiegsanlagen. Beispielsweise lassen sich Blankaale auf ihrer Reise von der Hauptströmung treiben. Und diese führt die Tiere logischerweise in Richtung der Turbinen, erklärt Löber. Den Tod fänden viele Aale dann oft bereits an den eigentlich zu ihrem Schutz aufgebauten, letztlich aber ungeeigneten Rechen vor den Kraftanlagen und andere schließlich in den Turbinen selbst. Die Genehmigungsbehörden und Betreiber stehen in der Pflicht, geeignete Schutzeinrichtungen zu fordern und zu installieren, resümiert die Sozialdemokratin. Sie folgt damit einem Gedanken, den die Tierschutzbeauftragte der Landesregierung schon vor acht Jahren formuliert hatte. Anlagen dürften nur gebaut werden, wenn auch der Fischabstieg gewährleistet werden könne, betonte Dr. Madeleine Martin im Jahr 2008. Das Wasserhaushaltsgesetz ist bisher weniger konkret, spricht lediglich von geeigneten Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation.
Die Sozialdemokratin Löber ist zuversichtlich, dass sich in den kommenden Jahren vieles zum Positiven ändern könnte. Es ist an der Zeit, sagt sie. Ein erstes gutes Signal kommt aus der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, in der Mittel zur Schaffung von dreieinhalb neuen Stellen eingesetzt werden, die sich auf die Herstellung der Durchgängigkeit konzentrieren sollen. Dagegen bedauert die Landtagsabgeordnete, dass nicht auch das Lahn-Ursprungsland Nordrhein-Westfalen direkter Partner des Projektes ist. Denn: Schließlich ist das gesamte Lahntal zwischen Lahnhof und Lahnstein eine zusammenhängend schützenswerte Lebensader, konstatiert Angelika Löber. Wenn wir einen Teil des Geldes verwenden können, um die Natürlichkeit der Lahn soweit möglich wiederherzustellen und gefährdeten und vertriebenen Arten ihren Lebensraum zurückzugeben, sollten wir das gemeinsam und mit aller Kraft tun, appelliert die Sozialdemokratin abschließend.
Hier die Verlinkungen zu den beiden Kleinen Anfragen