„Dass es Hessen nicht nur nicht gelingt, sich zu verbessern, sondern es sogar noch weiter zurückfällt, ist schon niederschmetternd“, kommentiert die heimische SPD-Landtagsabgeordnete Angelika Löber die Ergebnisse der Studie. Hessen hat bei drei- bis sechsjährigen Kindern den schlechtesten Personalschlüssel, nämlich 9,7 Kinder pro Erzieherin. Mit dem Personalschlüssel steht und fällt aber die Qualität der Arbeit in den Einrichtungen. „Wer mehr Zeit für Kinder haben will, muss hier Verbesserungen durchsetzen“, sagt Löber.
Auch in der für die Qualität der Kitas mitentscheidenden Frage der Freistellung von Kita-Leitungen diagnostiziere die Bertelsmann-Studie eine Verschlechterung. Der Anteil der Einrichtungen ohne jegliche Leitungsfreistellung liege in Hessen mehr als sieben Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Hessen weise nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung darüber hinaus das größte Qualitätsgefälle innerhalb des Landes auf. So gibt es etwa beim Fachkräfteschlüssel zwischen Fulda (11,5 Kinder auf eine Erzieherin) und Darmstadt (7,3 Kinder) einen deutlichen Unterschied. “
Für Löber steht fest: „Die Qualität in den hessischen Kitas ist deshalb so unterschiedlich, weil das Land Hessen seit Jahren die Kommunen mit der wichtigen Aufgabe Kinderbetreuung alleine lässt.“ Nach wie vor stagniere der Landesanteil an den Kosten der frühkindlichen Bildung bei weniger als 20 Prozent. Weil gleichzeitig die Kosten steigen – derzeit liegen sie bei mehr als 2,3 Milliarden Euro im Jahr – werde die Belastung der Kommunen von Jahr zu Jahr größer, erklärt Löber.
Das sieht auch der sozial- und familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Gerhard Merz so. Das jüngst verabschiedete schwarzgrüne Gesetz zur teilweisen Beitragsbefreiung für drei- bis sechsjährige Kinder in Kitas habe die Situation weiter verschlimmert, betont er. „Einerseits reichen vielerorts die Pauschalen zum Ausgleich des Einnahmeausfalls nicht aus, zusätzlich wurde auch noch die zur Hälfte des Ausgleichsbetrags aus dem Kommunalen Finanzausgleich finanziert, also mit Geld der Kommunen, das diesen nun an anderer Stelle für dringend notwendige Maßnahmen fehlen wird“, so Merz. Gleichzeitig seien die vorgesehenen Mittel für Qualitätsverbesserungen so gering, dass sie praktisch nur zur Refinanzierung des Status quo verwendet würden. Verbesserungen beim Personaleinsatz seien damit nicht zu finanzieren.
CDU und Grüne hätten bei beiden Aspekten, sowohl bei den Gebühren als auch in der Qualitätsverbesserung, versagt, so Löber. Die SPD-Landtagsfraktion habe einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Hessen deutlich nach vorne gebracht hätte. Der SPD-Entwurf sah in einem Stufenmodell vor, Zeiten für so genannte mittelbare pädagogische Arbeit (Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche) von 20 Prozent einzuführen und einen Zuschlag für Leitungstätigkeiten vorzusehen. Außerdem sollte der Zuschlag für Ausfallzeiten (Krankheit, Urlaub, Fortbildung) auf ein realistisches Maß von 20 Prozent angehoben werden.
„Wir haben in der Anhörung für unsere Vorschläge von allen Seiten sehr viel Zustimmung bekommen, von den freien und den kommunalen Trägern, von den Eltern, von den Gewerkschaften und der Wissenschaft. Damit ist der Maßstab für Qualität in Kitas gesetzt. Allen lautstarken Bekundungen zum Trotz hat Schwarzgrün die Warnungen missachtet und muss jetzt hinnehmen, dass Hessen sich im Bundesvergleich blamiert. Die eigentlichen Leidtragenden sind allerdings die Kinder, die Eltern und das Personal in den Einrichtungen“, stellte der Familienpolitiker Merz fest.
„Wir brauchen einen Richtungswechsel in der Kinderbetreuung in Hessen. Wir brauchen deutlich mehr Qualität und wir brauchen komplette Gebührenbefreiung von Anfang an, für alle Altersstufen, für alle Betreuungsformen und für alle Betreuungszeiten. Die SPD hat dazu einen Vorschlag vorgelegt, der solide finanziert ist. Dieser Vorschlag steht am 28.Oktober 2018 zur Wahl“, betont Angelika Löber.